
Als ich vor Kurzem die Suchanzeige für unseren Fuchsbau geschrieben habe, floss da plötzlich was aus meinen Fingern. Ich wollte beschreiben, wer wir sind, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Ein Ausdruck, der auf einen Blick klarmacht, was wir suchen – und was nicht.
Digitale Selbstversorger suchen die Nadel im Heuhaufen steht nun da und gerade während ich unseren Sohn in den Schlaf begleitet habe, erwachte in mir das Bedürfnis, diesen Artikel zu verfassen.
Unser Fuchsbau: a dream in the making
Zunächst muss ich ein wenig vorgreifen, damit klar ist, auf welcher Basis ich die Anzeige schrieb.
Bereits vor einiger Zeit haben mein Mann und ich zwei der Bücher von Andreas N. Graf gelesen. Aussteigen – Light!: Ein familientauglicher Ratgeber wie man mit wenig Geld komfortabel lebt und Gebrauchte Häuser kaufen und für (fast) lau herrichten: Ein Ratgeber für erfolgreichen Immobilienerwerb und -renovierung mit kleinem Geldbeutel wurden mir von Amazon vorgeschlagen und haben mich direkt angesprochen
. Warum?
Nun, zum einen bin ich der Meinung, dass wir für ein gutes Leben nicht viel Geld benötigen und dass jetzt die Zeit ist, das Leben wieder für mehr Familie zu öffnen. Mein Kind wird mich sicherlich auch noch brauchen, wenn es 8 oder 12 ist. Aber vermutlich nie wieder so intensiv, wie jetzt.
Zum anderen war es schon immer mein großer Wunsch, einem alten, vernachlässigten Haus wieder neues Leben einzuhauchen. Am besten ohne mich für 50 Jahre zu verschulden. Der Funke, uns auf die Suche nach unserem Zuhause zu machen, war entzündet.
Als Familienmensch durch und durch träume ich von einem Haus, das der Mittelpunkt für unser Leben werden kann. Auch wenn wir als Freilerner in einigen Jahren einen größeren Teil unserer Zeit im Ausland verbringen werden, ist mir eine Homebase in Deutschland wichtig. Und warum ein Fuchsbau?
Dass ich Harry Potter Fan durch und durch bin ist vermutlich klar. Kaum etwas ist für mich der Inbegriff eines solchen Zuhauses, wie „The Burrow“, in dem Harrys bester Freund Ron lebt.
“Harry looked out for the first time at Ron’s house. It looked as though it had once been a large stone pigpen, but extra rooms had been added here and there until it was several stories high and so crooked it looked as though it were held up by magic (which, Harry reminded himself, it probably was). Four or five chimneys were perched on top of the red roof. A lopsided sign stuck in the ground near the entrance read, THE BURROW. Around the front door lay a jumble of rubber boots and a very rusty cauldron. Several fat brown chickens were pecking their way around the yard. „It’s not much,“ said Ron. „It’s wonderful,“ said Harry happily, thinking of Privet Drive.“
Harry Potter and the Chamber of Secrets by J.K. Rowling
Genau dieses Gefühl will ich mit unserem Zuhause einfangen und einen Ort schaffen, an dem wir, unsere Kinder, die Großeltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins sich wohl fühlen. Einen Ort, an dem wir nach Hause kommen.
Digitale Selbstversorger – was heißt das für mich?
So viel zu unserem Fuchsbau und der Idee dahinter. Als mir „Digitale Selbstversorgung“ als Oberbegriff für das, was wir so tun, einfiel, las ich gerade das Buch Early Retirement Extreme: A philosophical and practical guide to financial independence von Jacob Lund Fisker, dem dänisch-amerikanischen „Paten“ des FIRE-Movements.
Er beschreibt seine Herangehensweise an das Leben als den Weg des modernen Renaissance-Menschen, ein Hansdampf in allen Gassen, der nicht, wie heutzutage üblich ein „master of one“ ist, also ein absoluter Experte zwar auf seinem Spezialgebiet, dafür völlig hilflos in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Der Renaissance-Mensch, den er beschreibt, besinnt sich auf das, was wir früher taten. Er kann kochen, backen, baut eigenes Essen an, denkt um die Ecke, kauft gebraucht, repariert, er begnügt sich und opfert sein wertvolles Leben nicht dem „Streben nach Zeug“.
Zeug, dass er aufbewahrt, in Stand halten muss, selten bis nie verwendet, für das er die kostbarsten Jahre seines Lebens opfert – obwohl, ja obwohl es vielleicht auch anders ginge.
Dabei hat er das kollektive Wissen der Menschheit dank seines Internetzugangs jederzeit zur Verfügung. Kurzum, der moderne Renaissance-Mensch ist digitaler Selbstversorger.
Autarkie vs. Always on
Seit einigen Jahren bin ich inzwischen auf dem Weg, mein Leben zu vereinfachen. Ich habe vieles versucht, vieles verworfen, vieles glorifiziert, nur um dann festzustellen: hoppla, funktioniert gar nicht. Fail ‚till you make it ist mein Lebensmotto, naja eines davon zumindest.
Beinahe alles, was Jacob Lund Fisker in seinem Buch beschreibt, traf für mich den Nagel auf den Kopf. Genau das will ich.
Ich will mein Leben nicht damit verbringen, zu putzen und aufzuräumen, deshalb werde ich überflüssiges Zeug los und habe aufgehört, neues unnötiges Zeug zu akkumulieren.
Meine Lebenszeit und die meines Mannes ist mir zu kostbar, sie fernab von unsere Familie zu verbringen und damit, uns mit Dingen dafür zu belohnen (oder soll ich sagen entschädigen), wie viel wir arbeiten.
Ich bin lieber altmodisch, als Konsumschulden zu machen. Ich will clevere Konzepte wie Haushacking nutzen, um unsere laufenden Kosten zu reduzieren.
In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal als Familie unseren eigenen Garten, den wir bewirtschaften dürfen, wie wir das wollen und im Gegenzug mähen wir das Gras. Gestern haben wir den ersten Kürbis von vielen geerntet, eigene Tomaten gegessen, die so lecker schmecken, dass etwas Olivenöl und Salz aus ihnen das beste Festmahl macht.
Davon will ich mehr. Mehr Leben, mehr Zeit, statt mehr Arbeiten und mehr Zeug. Digitale Selbstversorgung heißt für mich allerdings nicht, nicht zu arbeiten, uns womöglich gar auf sozialen Netzen (also den echten unserer Gesellschaft, ich rede nicht von Facebook) auszuruhen.
Je weniger Zeit wir pendelnd oder in Büros verbringen – ein substanzieller Anteil vor allem des Lebens meines Mannes, desto mehr Möglichkeit haben wir, uns mit anderen Menschen zu verbinden. Weniger rat race heißt mehr Kapazität für Kreativität, für Business und Ehrenamt, für Gemeinschaft und auch für unsere ganz eigene Zufriedenheit.
Es bedeutet auch, den Computer mal ausgeschaltet zu lassen und stattdessen den Garten umzugraben. Nicht dem neuesten Trend hinterher zu jagen und stattdessen zu erleben, wie unglaublich glücklich es macht, wenn da eigene Kind stolz wie Oskar eine selbst ausgebuddelte Kartoffel durch den Garten trägt.
Digitale Selbstversorgung ist die Symbiose aus Leben im 21. Jahrhundert und dem einfachen, guten Leben, nach dem sich so viele von uns so schmerzlich sehen.
Unsere Vision ist es, uns mit gleichgesinnten Familien, Paaren, Singles zu verbinden, falls Du Dich also angesprochen fühlst, würden wir uns freuen, von Dir zu hören!

Foto: Jessica Rockowitz auf Unsplash