Mit riesigen Schritten kam er an in diesem Jahr, der Herbst. Ich bin nicht gemacht für diese abrupten Jahreszeitenwechsel. Gestern noch sprang das Kind barfuß in den Bach, heute braucht es Gummistiefel. Nieselregen fällt uns auf die Köpfe, als wir das Haus verlassen.
Aber ach, der Herbst. Ich liebe es, wenn der Nebel sich in den Zweigen der Fichten verfängt. Ich liebe das goldene Sonnenlicht und den unwirklich blauen Himmel über den letzten Stoppelfeldern des Jahres. Jedes Jahr aufs Neue verzaubert mich der Herbst, entlohnt für ein weiteres Jahr, lädt meine Vorratsspeicher auf für den langen Winter.
Schon seit Jahren beginnt der neue Jahreskreis für mich im September, dann neigt sich wieder ein Jahr dem Ende zu.
Wieder wird geerntet, was wir gesät, gehegt und gepflegt haben. Für mich endete 2020 so manches Kapitel, gedankliche, gefühlte, an denen ich lange gearbeitet habe. Die Ernte für mich ist eingebracht. Mehr wird auf diesem Feld nicht wachsen.
Die Fläche darf brachliegen, brach von Worten. Ich lege das Kapitel zu den Akten, in die Schublade mit den begonnenen Geschichten, mit Satzfetzen und Erinnerungen.
Es ist gut. Manchmal darf man im Leben andere Wege gehen und es ist gut.
Und doch bin ich gespannt darauf, was das Brachland für mich bereit hält. Welche Frucht wird sich hier ansiedeln? Denn dass eine kommt, das weiß ich. Dafür lebe ich schon zu lange, mit mir, in mir, für mich.
Und so wandle ich über die Fläche. Bewundere wortlos die zarten Knospen, die hie und da aus der frisch gepflügten Erde spitzen. Noch kann ich nicht erkennen, was aus ihnen erwachsen wird. Fast so wie im Garten ganz früh im Jahr. Wenn man wandelt und sich wundert, was da wächst, weil die Erinnerung an die Saat, die man ausgebracht hat, schon verblasst ist.
Der Abschied war kein schmerzvoller. Es ist gut.
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